Solche Methoden der Haltbarmachung von Fleisch waren bereits von alters her bekannt, aber für gewöhnlich erfolgte dieser Vorgang von selbst. Das kann mit der Situation, die Weinherstellern bekannt ist, verglichen werden, wenn eine „spontane“ Gärung der gesammelten Weintrauben erfolgt, die von sog. Wildhefe, welche sich auf natürliche Weise auf dem Obst befindet, verursacht wird. Solch ein Vorgang kann mit einem Erfolg enden, aber niemand gibt dafür eine 100%ige Garantie (höchstens 50%). Sogar wenn in einem Jahr ein recht guter Wein gelingt, kann im nächsten eine Katastrophe passieren, da die Hefe, die in den Weinreben lebt, viele Mutationen durchlaufen kann, z. B. aufgrund von äußeren Einflüssen. Das Ergebnis kann ein essighaltiger Wein sein, der, gelinde gesagt, ein uninteressantes Aroma hat, oder durch andere unerwünschte Mikroorganismen verdorben ist. Genauso ist es im Fall von Fleisch. Die Gärung auf der Basis von Mikroorganismen, die sich auf natürliche Weise auf Fleisch befinden, kann viele Gefahren mit sich bringen. Wir können eine Wurstware erhalten, die nicht ganz unseren Erwartungen entspricht, sowohl was die Struktur, als auch die sensorischen Eigenschaften betrifft. Es darf kein „wildes“ Trocknen riskiert werden, weil dabei eine pathogene Mikroflora entsteht (z. B. Staphylococcus aureus, Escherichia coli u. Ä.).
Um eine schnelle und vor allem sichere Reifung von hausgemachten Wurstwaren zu gewährleisten, sind entsprechend ausgewählte Starterkulturen erforderlich. Sie schützen nicht nur vor schädlichen Mikroorganismen, sondern garantieren auch einen idealen, charakteristischen, säuerlichen Geschmack, Geruch und Aussehen. Derzeit sind Mischungen von Bakterienkulturen am beliebtesten, die so ausgewählt wurden, um unter vielen Aspekten des Reifungsvorgangs aktiv zu sein. Wir können uns sicher sein, dass die ausgewählten Stämme gründlich auf mikrobiologische Reinheit, Eigenschaften, Bedingungen und Dauer der Gärung sowie die Beständigkeit gegen äußere Einflüsse untersucht wurden. Am häufigsten werden gefriergetrocknete/getrocknete Kulturen verwendet. Dank dessen sind sie einfach zu lagern und zu dosieren.
UND JETZT ETWAS TECHNOLOGIE ... WIE WIRKEN DIESE AUSGEWÄHLTEN KULTUREN?
Erstens, beschleunigen sie den Reifungsvorgang wesentlich (unter kontrollierten Bedingungen).
Der Vorgang, der in reifenden Wurstwaren erfolgt, basiert hauptsächlich auf der Milchsäuregärung von Zuckern durch die Mikroflora des Starters. Damit dieser Prozess korrekt verläuft, ist es wichtig, den Kulturen ihre Entwicklung zu erleichtern – durch das Schaffen von entsprechenden Bedingungen bei gleichzeitiger Beschränkung der Entwicklung von pathogenen Mikroorganismen. Deshalb sollten die Kulturen schon am Anfang der Reifung dazugegeben werden, am besten mit einer entsprechend zubereiteten Pökellake (Salpeter + Salz + Wasser + Zucker). Die in ihr enthaltenen Nitrate hemmen die Entwicklung von ungünstigen Mikroorganismen und geben den Starterkulturen Zeit sich zu vermehren und ihre Umwelt in einem solchen Grad zu besiedeln, um andere Formen, die in ihr existieren könnten, zu dominieren. Gleichzeitig erfüllen die Nitrite die grundsätzliche Rolle eines Antioxidans.
Die Gärung mit Starterkulturen und Nitriten dauert für gewöhnlich 3-8 Tage. Anschließend erfolgt die eigentliche Gärung/Trocknung (einige Wochen lang). Es muss hinzugefügt werden, dass gerade während der Gärung – nach dem gründlichen Abtrocknen der Wurstwaren – das Kalträuchern bei einer Temperatur, welche 26⁰C nicht übersteigt, durchgeführt werden kann. Dieser Prozess hat einen enormen Einfluss auf den Geschmack und das Aroma der Produkte. Der Räucherrauch macht die Produkte zusätzlich haltbar. Es ist wichtig die Einlage während des Räucherns (das einige Stunden bis einige Tage dauern kann) zu lüften, da zu dichter Rauch das Fleisch sauer machen kann.
Die Reifung selbst erfolgt am besten bei einer Temperatur von 12 bis 24⁰C. Niedrigere Temperaturen sind zulässig (z. B. während der Reifung im Kühlschrank), aber es muss damit gerechnet werden, dass der Prozess verlängert wird – was meiner Meinung nach für das Produkt günstig ist, aufgrund der größeren Intensivierung von Aromen, die während der Reifung entstehen. Temperaturen unter 6⁰C sind jedoch nicht günstig.
Die Reifung wird durchgeführt bis das Fleisch einen entsprechenden pH-Wert von ca. 4,8-5,3 erreicht. Dieser Prozess kann im Kühlschrank bei einer entsprechenden Luftfeuchtigkeit (ca. 80%), in einem halboffenen Behälter durchgeführt werden oder das Produkt kann nach der Gärung und einigen Tagen der Trocknung vakuumverpackt werden (am besten ist es, es einige Tage lang zu vergessen).
WAS IST NÖTIG, UM DIESEN PROZESS ORDNUNGSGEMÄSS ZU STARTEN?
Wir beginnen natürlich mit der Auswahl und dem Kauf entsprechender Kulturen, aber was weiter, wenn wir bereits den Verlauf des Prozesses allgemein kennen? Reicht es einfach, die Kulturen einfach zum Fleisch dazuzugeben und stehenzulassen? … Nicht ganz.
Wie wir wissen, brauchen Bakterien einen Nährstoff, damit die Gärung stattfindet. Dies ist hauptsächlich Zucker, der im Fleisch in Spuren enthalten ist. Zusätzlich können wir durch die Zugabe seiner entsprechenden Menge den Prozess hervorragend steuern, ähnlich wie bei der Bereitung von hausgemachten Weinen. Für gewöhnlich reicht ca. 3-5 g Zucker auf 1 kg Fleisch. Wichtig ist auch eine entsprechende Menge von Nitraten (2-3 g auf 1 kg Fleisch) oder Nitriten (0,15 g na 1 kg Fleisch). Es zählt auch die Temperatur: für den Beginn der Gärung ist Zimmertemperatur am besten, anschließend 15-24⁰C bei kürzerer Gärungsdauer und bei längerer Dauer eine niedrigere Temperatur (aber nicht unter 6-7⁰C). Günstig ist auch das vorige Auflösen von Bakterienkulturen in einer kleinen Menge Wasser (sogar eine Stunde vor der Zugabe), was die Vermehrung der Bakterien während der späteren Etappe beschleunigt.
Wie schon vorher erwähnt kann der Gärungsprozess mit dem Kalträuchern verbunden werden, was zusätzlich die mikrobiologische Stabilität sowie die gewünschten geschmacklichen und geruchlichen Vorzüge sicherstellt. Wenn wir jedoch keine Möglichkeit haben, solch einen Prozess durchzuführen macht das nichts – auch ohne Räuchern erhalten wir ein köstliches Produkt. Wir können dann, für ein besseres Ergebnis, das Fleisch nach dem Herausnehmen aus der Lake in unseren Lieblingsgewürzen wälzen.
WIE STARTERKULTEN IN DAS FLEISCH EINFÜHREN?
Wir kennen bereits den Vorgang sowie die physikalischen und chemischen Bedingungen, die unsere Bakterien benötigen, aber was tun, wenn wir unsere Kulturen schon aufgelöst haben? Das hängt natürlich von Zerkleinerungsgrad des Fleisches, von seiner Struktur ab. Wenn wir Würste zubereiten, geben wir die Starterkulturen nach Auflösung in einer kleinen Menge Wasser einfach zur Fleischmasse hinzu, zusammen mit Salpeter, Zucker, Salz und Gewürzen, lassen das Ganze bei Zimmertemperatur einige Stunden (3-4 Stunden) lang stehen und platzieren es für 24 bis 48 Stunden im Kühlschrank. Wesentlich schwieriger ist der Vorgang des Einführens der Starterkulturen im Fall von Erzeugnissen aus unzerkleinertem Fleisch. Sehr wichtig ist dabei die Auswahl des Rohstoffs – das Fleisch sollte weich, frisch und ohne chemische Zusatzstoffe sein. Chemische Zusatzstoffe machen das Fleisch hart und erschweren zusätzlich das Eindringen der Zutaten aus der Pökellake sowie der Bakterien in sein Inneres und verlängern somit die Dauer des Vorgangs. Dies setzt das Fleisch der Entwicklung einer unerwünschten Mikroflora aus.
Fleischstücke werden am besten mithilfe einer Spritze gepökelt. Wir bereiten eine Pökellake zu (Salpeter, Wasser, Salz, Zucker). Nach dem Auflösen aller Zutaten am besten ca. 200-500 ml abmessen und zu dieser Portion der Lake die aufgelösten Starterkulturen hineingießen. Einen Teil der so vorbereiteten Flüssigkeit an mehreren Stellen in die Fleischstücke spritzen, den Rest mit der Pökellake mischen.
Das Fleisch kann natürlich mit den aufgelösten Kulturen eingerieben und trockengepökelt werden oder die Bakterien können in die Lake ohne Einspritzen hineingegeben werden, in diesem Fall aber wird das Eindringen in das Innere des Fleisches länger dauern und weniger effektiv sein.
WELCHE STARTERKULTUREN WÄHLEN?
Bei der Herstellung von entsprechenden Produkten ist die korrekte Auswahl der Mischung der Bakterienkulturen grundlegend. Wir schlagen zwei Mischungen von entsprechend ausgewählten Starterkulturen vor, die wir bei BROWIN als Antwort auf die Erwartungen der anspruchsvollsten Wursthersteller und Feinschmecker vorbereitet haben. Diese Mischungen bewähren sich hervorragend sowohl für Wurstfüllungen, als auch Fleischstücke.
Für reifenden Produkte aus zerkleinertem Fleisch:
(wie Chorizo, Salami usw.):
Bakterienkulturen für reifende Würste (2 g)
Das ist eine Mischung folgender Stämme: Staphylococcus carnosus, Staphylococcus xylosus, Lactobacillus curvatus, Lactobacillus sakei.
Für Erzeugnisse aus unzerkleinertem Fleisch, in Stücken
(wie Schweinerücken, Filet, Schweinekamm, Schinken usw):
Bakterienkulturen für reifendes Fleisch (2 g)
Das ist eine Mischung folgender Stämme: Staphylococcus carnosus, Staphylococcus xylosus, Lactobacillus sakei, Pediococcus pentosaceus.
Die Beschreibung der oben erwähnten Bakterienstämme der Starterkulturen ist in der untenstehenden Tabelle enthalten:
Gattung der Mikroorganismen, aus der sich die Kulturen zusammensetzen
Art
Art der Veränderung
Ergebnisse der Wirkung
Staphylococcus carnosus
grampositive Mikrokokken
- sind fähig Enzyme zu erzeugen, die eine Reduktion von Nitraten und Nitriten bewirken;
- reduzieren das Peroxid, das von anderen Mikroorganismen hergestellt wird, das die Farbstoffe des Fleisches zerstören kann;
- Lipolyse – Auflösung von Fettzellen.
- verhindern die Entstehung von Restverbindungen von Nitriten während des Pökelns;
- nehmen an der Stabilisierung der Fleischfarbe bei der Reifung teil;
- verzögern das Ranzigwerden von Fleisch;
- verleihen Aromen, die für reifende Wurstwaren charakteristisch sind;
- sie sind empfindlich gegen Veränderungen in Wasservorräten, vermehren sich recht schwach in rohen Erzeugnissen, deshalb müssen sie in einer entsprechend großen Menge bereits zu Beginn des Prozesses dazugeben werden, wenn die Feuchte am höchsten ist.
Staphylococcus xylosus
grampositive Mikrokokken
Lactobacillus curvatus
Milchsäurebakterien
- Bildung von Milchsäure
(Senkung des pH-Werts auf 4,8- 5,0).
- zu Beginn des Prozesses dazugegeben besiedeln sie die Umwelt schnell, verhindern die Entwicklung von unerwünschten Bakterien;
- dank dessen, dass sie den pH-Wert schnell senken, verkürzt sich die Reifedauer im Vergleich zur selbsttätigen Reifung sogar fünffach.
- sie beschleunigen die Trocknung der Wurstwaren;
- sie erzeugen auch eine Reihe von zusätzlichen Stoffwechselprodukten, die auf charakteristische Weisen das Aroma der rohen Produkte beeinflussen;
- besonders Stämme von Lactobacillus können sich bei sehr geringen Wasservorräten vermehren.
Lactobacillus sakei
Milchsäurebakterien
Pediococcus pentosaceus
Milchsäurebakterien
Zusammenfassend lohnt es sich zu betonen, dass die Nutzung von Bakterienkulturen, auch probiotischen, viele Nutzen mit sich bringt. Grundlegend sich hier die bakteriziden Eigenschaften dieser Kulturen auf anderen ungünstige Mikroorganismen. Eine entsprechende Verbindung einer Pökelmischung mit einer Mischung von speziellen Bakterienkulturen garantiert ein ideales Erzeugnis. Es ist wichtig, die Kulturen bereits zu Beginn des Prozesses dazuzugeben sowie den Wurstwaren entsprechende äußere Bedingungen während der Reifung zu gewährleisten. Um ein Produkt zu erhalten, das uns begeistert, muss man sich natürlich an die Empfehlungen in den Rezepten halten.
Viel Erfolg bei der Zubereitung von verschiedenen köstlichen hausgemachten Wurstwaren – auch den reifenden!